Weihnachtsmarkt mit Hindernissen

Gestern waren wir auf unserem kleinen Weihnachtsmarkt im Märkischen Viertel.
Andere Leute ziehen sich eine Jacke an und gehen los. Wenn man einen Liebsten im Rollstuhl hat, der den Großteil des Tages auf eine Beatmungsmaschine angewiesen ist, sieht das etwas anders aus. Die Maschine lassen wir zu Hause, aber:
Wir müssen 14 Tage vorher den Telebus buchen. Das heißt, wir hoffen einfach, dass zwei Wochen später das Wetter gut ist. Denn bei Temperaturen unter sechs Grad spinnt der Rollstuhl. Regen verträgt die Elektronik auch nur bedingt, außerdem kann ich Peter, wenn er nass wird, nicht einfach umziehen. Die Zeit können wir auch nicht einfach wählen, die bestimmt der Bus mit.
Am Tag vor der Fahrt muss der Akku des Rollis aufgeladen werden, desgleichen der von der mobilen Absaugpumpe für die Lunge. Peter muss sich ausruhen, gleichzeitig aber seine Arbeit schaffen.
Einpacken muss ich außerdem Zubehör wie sterile Handschuhe und Absaugkatheter für die Lunge, Ersatzröhrchen für die Kanüle, die Peter seit dem Luftröhrenschnitt im Hals trägt, Sprechaufsätze und diverses andere.
Vor der Fahrt müssen wir durch Inhalieren etc. die Lunge richtig frei kriegen.
Jacke anziehen und Gurt um ist auch nicht so leicht für einen Muskelkranken, der nicht aufstehen und auch im Sitzen kaum Gleichgewicht halten kann.
Dann müssen wir die Telebusfahrer bestechen, damit sie langsam fahren, denn jedes Schlagloch – und Berlins Straßen bestehen fast ausschließlich aus Schlaglöchern – ist eine Qual und Gefahr für einen Muskelkranken, der keine Erschütterung durch Muskelspannung ausgleichen kann.
Auf dem Weihnachtsmarkt ist soviel Publikumsverkehr, dass ich nicht immer neben Peter gehen kann, muß ich aber, weil er allein nicht mehr die Kraft hat, den Rollihebel zu bedienen, ich muß seinen Arm ein wenig unterstützen.
Da er den Kopf nicht allein heben kann, müssen wir anhalten und den Rollisitz und Rücken elktrisch nach hinten kippen, wenn er etwas sehen will, z.B. die Weihnachtslichter in den Bäumen.
Das hat soweit alles ganz gut geklappt gestern, war aber sehr anstrengend für ihn, zumal der Bus auf dem Rückweg eine halbe Stunde zu spät kam und Peter langsam die Luft ausging.
Aber: Wir haben die Weihnachtslichter gesehen, wir haben einen sehr leckeren Crépe mit Zucker und Zimt gegessen und einen sehr leckeren alkoholfreien Cocktail im Palmencafé getrunken, wo die Stämme der Palmen aller mit Lichterketten umwickelt sind.
Zuhause wartete eine warme trockene Stube auf uns, und wir können uns glücklich schätzen. Dennoch dachte ich gestern: eigentlich schade, dass all die Menschen um uns herum auf dem Weihnachtsmarkt sich nicht bewußt sind, was für ein Riesenglück sie haben, dass sie laufen können und jeder Atemzug eine Selbstverständlichkeit ist.

Übrigens, meine Geschichte „Cafékalender“ in dem Buch „Der Weihnachtswind“ spielt genau in diesem Café. Hier eine Leseprobe:

„Auf die engelsgleiche Verkäuferin mit der glitzernden Weihnachtszipfelmütze allerdings schien die Stimmung ihrer Gäste abgefärbt zu haben. Vielleicht war sie auch nur erschöpft. Unter dem weißen Plüschbesatz der Mütze passte der mürrische Ausdruck, mit dem sie ihm seinen Espresso servierte, nicht im Mindesten zu ihrem Gesicht. Das Namensschild auf ihrer Bluse erzählte, dass sie Christina hieß. Immerhin, dachte Paul, passt doch.
„Bringen Sie mir bitte die Rechnung“, bat er und schenkte ihr sein bestes Lächeln. „Und schreiben Sie bitte den Kaffee und die Torte mit darauf, die die weißhaarige Frau an dem Tisch neben der Kuchentheke hatte. Aber sagen Sie ihr keinesfalls, wer das bezahlt hat.“
„Wieso?“ In Christinas Augen wachte zum ersten Mal, seit er sie beobachtete, Interesse an etwas auf. „Kennen Sie sie?“
„Nein. Es soll nur eine kleine Überraschung sein. Ich finde, sie kann etwas Aufheiterung gebrauchen.“
Christina musterte die Frau, als hätte die sich eben erst hingesetzt. „Kann schon sein.“
„Ach, und servieren Sie ihr bitte auch noch so einen wunderbaren „Bali Wintertraum Spezial“, sagte Paul und wies auf sein leeres Glas.
„Auch auf Ihre Rechnung?“
„Ja, wenn Sie so lieb wären.“
Verwundert, aber bereitwillig huschte Christina davon und kam kurz darauf mit der Rechnung und einem Karamellbonbon wieder.
„Die wird sich aber ganz schön wundern!“ sagte sie noch, als sie das Trinkgeld einsteckte.
„Ich hoffe, sie wird sich auch freuen“, sagte Paul und schlüpfte in seinen Mantel. Er seinerseits freute sich auf seine Frau und sein Sofa.
„Sie möchten schon gehen? Wollen Sie denn nicht…“
„Was?“
Christina wurde rot. „Ich dachte, Sie wollen noch sehen, ob ich ihr den Drink wirklich bringe und nicht noch mal abkassiere. Ich meine, das wissen Sie doch sonst gar nicht.“
„Sie heißen Christina und tragen eine Weihnachtsmannmütze“, sagte Paul. „Ich vertraue Ihnen.“ Er grinste sie an und ging, ohne sich umzudrehen.
„Donnerwetter“, sagte Christina zu dem leeren Kuchenteller. Dann ging sie den Cocktail mixen.
Paul war zwei Tage später wieder im Einkaufszentrum, da er ein bestelltes Medikament abholen musste. Ohne dass er es wollte, blieb er erneut im Café Bali hängen. Warum sollte er sich nicht so einen guten Espresso gönnen oder einen Cappuccino? Er brauchte doch kein schlechtes Gewissen haben. Seine Frau war noch nicht zuhause, und er musste sich daran gewöhnen, Zeit zu haben.
Ehe er sich einen Stuhl zurechtgerückt hatte, kam schon Christina auf ihn zu geeilt. „Stellen Sie sich vor“, berichtete sie atemlos, „sie hat geweint!“
„Geweint?“ fragte er erschrocken.
„Ja, die Frau für die Sie bezahlt haben. Vor Freude. Sie sagte, sie kann sich nicht erinnern, wann ihr das letzte Mal jemand was geschenkt hat. Und dann auch noch ein völlig Fremder. Sie sah plötzlich ganz anders aus. Voller Lachfalten!“ Christina gestikulierte um ihr junges Gesicht, als könne sie die Falten, die sie so beeindruckt hatten, darauf legen. „Und den Cocktail hat sie ganz ausgetrunken.“
Paul sagte nicht, dass er auch Christina kaum wiedererkannte, so lebendig war sie jetzt. „Das ist schön. Bringen Sie mir bitte einen Cappuccino?“
„Klar. Und ich soll Sie grüßen. Von der Frau. Sie sagte, sie wird sowas auch mal machen. Übrigens, an dem Tag hat mir der Job auch endlich mal wieder Spaß gemacht.“
Paul sah gedankenverloren an den Palmen hinauf, an welchen sich die kleinen Lichter in den Himmel schraubten. Statt Kokosnüssen hingen große goldene Schneeflocken in den Wipfeln, und irgendwo darüber blinzelten die echten Sterne zwischen den Blättern durch das Glasdach.
Er hatte nicht gedacht, dass seine kleine Geste, mit der er nur ein winziges Zeichen gegen die Einsamkeit mancher hatte setzen wollen, einen solchen Dominoeffekt auslösen würde. Es verblüffte ihn. Ja, es erschreckte ihn sogar ein wenig.
„Können wir das nicht noch mal machen?“ fragte Christina verschwörerisch leise, als sie ihm den Cappuccino hinstellte. „Da sitzt nämlich so ein junger Mann. Neben dem Plastiknikolaus. Er sieht genauso aus wie die Frau von neulich…“

Nette Kritik

Heute habe ich mich über eine weitere unabhängige Lesermeinung zu „Die Füße der Sterne“ gefreut:
„Hach, die Geschichten sind wirklich sehr schön geschrieben!! Himmel auf Abwegen und Windflüchter fand ich besonders gut und bei dem Bernsteinschiff musste ich mir ein Tränchen verdrücken. Aber eigentlich waren es ausnahmslos tolle Kurzgeschichten!“
Quelle: Bookcrossing

Himmelangst

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Himmelangst (Leseprobe aus: Die Füße der Sterne)
(c) Patricia Koelle

Die Stadt schlief nur zum Teil, und der Himmel auch, denn die Stadt war so lebendig hell, dass es auf den Himmel abfärbte und er nie ganz das Licht verlor. Es war die letzte Augustnacht. Regina lief an den kleinen Dunkelheiten in den Hauseingängen vorbei zum Dienst. Dies war ihre liebste Jahreszeit, nicht weil heute ihr Geburtstag war, sondern wegen der Unruhe im Wind, dem ersten Aufflammen in den Blättern, und der feuchten Würze im Geruch der Straßen. Zwischen dem wachen Sommer und dem wehmütigen Herbst war die Stadt in ihrem verlockendsten Zustand, ähnlich wie die Steaks von Herberts Grill, voll rauchigen Aromas.
Ihr Ziel war der Flughafen. Oft sah es aus, als atme die Stadt die Flugzeuge aus der Luft herunter wie glänzende Fliegen und stieße sie Minuten später mit dem nächsten Atemzug nachdrücklich wieder aus, auf ihren weiteren Weg den Himmel entlang.
Auch Regina war auf diese Art in die Stadt gekommen. Früher einmal war sie Chemielaborantin gewesen, auf einem anderen Kontinent, in einer anderen Stadt, in einem anderen Leben.
Jetzt putzte sie nachts auf dem Flughafen, wo sich die Menschen brisanter mischten als damals die Chemikalien in ihrem Labor.
„Hallo, Frido“, sagte sie zu dem Obdachlosen, der auf der Heizung neben dem Souvenirladen döste.
Frido öffnete ein Auge. „He, Regina.“
Regina fischte eine Tüte mit zwei Äpfeln und drei belegten Vollkornbrötchen aus ihrem neuen septembergelben Putzeimer, den sie sich zum Geburtstag geschenkt hatte. Sie hatte eine Schwäche für Putzeimer und besaß für jeden Monat eine andere Farbe. Die grauen Eimer, die ihr die Firma stellte, fasste sie nicht an.
„Och, Gina“, sagte Frido. „Das is doch gesund!“
„Drum“ sagte Regina und ging weiter.
Jetzt, kurz vor Mitternacht, herrschte fast Ruhe auf dem Flughafen. Ins Ohr fiel vor allem das Summen der elektrischen Putzwagen, die herumfuhren. In die Warteräume kamen diese Wagen nicht. Hier war Regina zuständig.
„Hallo, Jungs“, begrüßte sie die Sicherheitsbeamten und stellte ihren Putzeimer mit den Lappen darin zum Durchleuchten auf das Fließband. „Heute muss ich aber wieder mal das hier mit reinnehmen.“ Sie hielt ein spitzes Messer und eine Flasche mit Lösungsmittel hoch, auf dessen Etikett ein Totenkopf und eine Flamme rot leuchteten.
„Mensch, Regina, wen willste denn ermorden?“ fragte einer der Beamten grinsend.
„Die Kaugummis auf dem Boden“, sagte Regina und hob die Arme zum Abtasten. Der Beamte fuhr mit seinem Gerät Reginas großzügigen Umriss ab. Nichts piepte.
„Dann geh du halt mit, Matthias“, sagte der Beamte und bedeutete einem jungen Kollegen mit einer Kopfbewegung, Regina in den Sicherheitsbereich zu folgen. „Weißt ja, es ist Vorschrift.“
Matthias trug seine Schüchternheit vor sich her, als könnte er damit gegen etwas stoßen, und seine Uniform war ihm noch so neu, dass sie unbehaglich an seinen langen Gliedern unterwegs war. Höflich brachte er Regina den Eimer hinterher. Während sie sich zwischen den Stuhlreihen auf den Knien niederließ und den Boden mit dem Messer bearbeitete, stand er daneben und ließ seinen Blick, als der sich auf ihrem geraden Scheitel zu langweilen begann, auf das Flugfeld wandern, wo die Lichter die Parkpositionen erhellten. Er fand den blauen Schein beruhigend…

Weiter gehts (zusammen mit vielen anderen Geschichten) in:

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Urlaubs- und Sommergeschichten

Hier gibt es ein eBook mit Strandgeschichten zum herunterladen für PC, Kindle, Smartphone, ipad etc, für nur 3,98.

Eine ungewöhnliche Flaschenpost verändert Corys Leben. Eine Frau mit merkwürdigen Gewohnheiten verblüfft die Menschen, die ihr am Strand begegnen. Ella lernt den unwiderstehlichen Herrn Rossmonith kennen und pflückt auf einer Nordseeinsel Zitronen. Ein Junge findet heraus, wo der Himmel wächst. Jula übergibt ihre unerfüllte Liebe dem Meer und der neurotische Philip wird von einem Sturm völlig umgekrempelt. Manchmal braucht man nur in Urlaub zu fahren und dem Meer zu begegnen, um in eine völlig neue, erfrischende Richtung gespült zu werden. – Geschichten für die Stunde am Strand, die Flugreise in den Urlaub, das Schmökern im Zelt oder das Träumen am Pool.

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Eine Sommergeschichte für Kinder und Erwachsene, die gern vorlesen oder noch einen Traum offen haben findet sich als E-Book für den PC, ipad, iphone, Blackberry, Android oder Kindle hier:

Es geht darum, wie kleine Träume groß werden, wie man verlorene Träume wiederfindet und warum das Licht auf dem Wasser immer so glitzert.

Wer leicht zu lesende, unterhaltsame Geschichten für Flugzeug, Bahn, Strand oder abends im Hotel sucht, findet sie in dem Buch „Die Füße der Sterne“.
Viele der Geschichten spielen am Strand: Ella begegnet auf einer Insel Herrn Rossmonith, der ihr mit Hilfe eines ungewöhnlichen Mittels ganz neuen Mut schenkt. Theo Knoll geht schwimmen und erlebt ein blaues Wunder. Heinz wird an einem tropischen Strand zum Komponisten und Lina und Niklas erwerben von einem Händler am Hafen ein Bild, das zur Schatzkammer ihres ganzen Lebens wird. Ein Mädchen findet im Schatten einer Düne heraus, wo der Himmel beginnt und zwei Jungen, wo ihr Leben als Erwachsene anfangen soll. Jan bringt einen sensationellen Fund, den er eigentlich gestohlen hat, dem Meer zurück.

Eine Leseprobe gibt es
hier.

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Bus-und-Bahn-Bücher

Wie oft sitzt man in der Bahn oder wartet auf den Bus. Und hat das Buch vergessen, das man sonst dabei hat, oder gerade ausgelesen. Man könnte sich am Kiosk eine Zeitschrift kaufen. Aber braucht man wirklich den vierundsiebzigsten Frisurentipp, der bei den eigenen Haaren sowieso beim besten Willen nicht umzusetzen ist? Oder die hundertneunundneunzigste Diät, die sowieso nicht funktioniert, weil man eigentlich nur die Gummibärchen weglassen müßte? Will man wirklich wissen, was in irgendeinem Fürstenhaus passiert?
Man könnte statt dessen spannende Geschichten über „echte“ Menschen lesen, wie zum Beispiel die Frau gegenüber auf der Bank, die mit den traurigen Augen. Dazu braucht man nur auf seinem Handy ein „Mobilebook“ herunterzuladen. Es kostet 2.99, aber für die Zeitschrift hätte man ja auch ein paar Münzen ausgegeben. Man braucht nur eine SMS abschicken, das funktioniert so einfach, als ob man einen Klingelton herunterlädt. Das Buch unter „Anwendungen“ speichern, und schon kann man schmökern. Die Schrift läßt sich kinderleicht in beliebiger Größe einstellen, und es merkt sich sogar, wo man mit dem Lesen aufgehört hat, als der Bus kam.
Ja, und wenn einem die Geschichte wirklich gefällt, kann man sich immer noch das richtige Buch kaufen, aus dem sie stammt und in dem es noch viele solcher Geschichten gibt, nur weiß man dann schon, dass einem das Buch gefallen wird.

Von mir gibt es drei Mobilebooks:

VIKTORS GRÖSSE

Viktors Grösse

Zum Text:
Der Student Ralf leistet während eines Ferienjobs schweißtreibende Arbeit. Dabei spricht ihn ein furchterregend wirkender Hüne an, der ihm noch zweimal begegnen wird. Der Gedanke an ihn lässt Ralf nicht mehr los. Irgendwie erscheint ihm seine Welt seitdem bunter, leuchtender und zerbrechlicher…

«Hastig drehte ich mich um, während ein Schatten auf mich fiel. Ich bin mit meinen einsachtzig kein Zwerg, aber um dem Mann, der vor mir stand, ins Gesicht sehen zu können, musste ich den Kopf in den Nacken legen. Hinter meinem Rücken griff ich instinktiv nach dem Griff meines Spatens, obwohl mein unerwartetes Gegenüber diesen wahrscheinlich mit einer Hand würde zerbrechen können.»

HIMMEL AUF ABWEGEN

Himmel auf Abwegen

Zum Text:
Viktorias Ehe hat sich festgefahren und steht kurz vor dem Aus. Bis sie in einer Frühlingsnacht Robin begegnet. Erst bittet er sie um Hilfe, dann stellt er für sie den ganzen Himmel auf den Kopf und plötzlich scheint alles möglich…

«In der ersten Zeit hörte sie aufmerksam zu, war voller Begeisterung, selbst wenn es um Pulsare, Quasare und Veränderliche ging und zwei Drittel des Publikums schon weggedöst war. Ihre Augen waren voller Licht, wenn sie zur Kuppel aufblickten und die Wege der Kometen oder Sternennebel verfolgten, die der Projektor so täuschend echt vorgaukelte.»

EINE FRAGE DER ZEIT

Eine Frage der Zeit

Zum Text:
Die junge Journalistin Karla März soll einen Mann interviewen, der niemals Interviews gibt. Gelingt ihr dies nicht, wird sie wahrscheinlich den Job verlieren, auf den sie angewiesen ist. Doch dieser Mann weist alle Besucher mit einer ungewöhnlichen Methode ab, und das, obwohl er ein überraschend vielversprechendes Lächeln besitzt.
Gut, dass es die Rumpelkammer ihrer Schwester gibt, in der man seltsame Dinge und vielleicht die Lösung zu Karlas Problem findet…

«Der war Arktisforscher, und dann hat er diese Bücher geschrieben, die die Leute verzaubert haben, bevor sie sie wieder vergaßen. Über erschreckend kurze Tage und ewige Nächte, über Nordlichter, die ihn mit ihrer Schönheit zum Heulen brachten, über großartige Begegnungen mit Eisbären, leuchtenden Algen, Eiswürmern, und dem Alleinsein mit sich selbst und seiner Angst in einer ungeheuren Weite. Er hat siebzehn verschiedene Blautöne in einem einzigen Eisberg gefunden.»

Wer all diese Geschichten und noch mehr lieber in einem gedruckten Buch lesen möchte, findet sie hier:

Geschichten von Himmel und Meer

Sie haben alle eine Länge, die gut während einer Fahrt zu schaffen ist. Natürlich auch vor dem Einschlafen. Oder in der Mittagspause. Oder im Wartezimmer. Oder wo und wann auch immer ein wenig Zeit zum Träumen und Erholen ist.

Ein Geschenk für Großeltern, Tanten und Nachbarn

Ich möchte hier einmal ganz ehrlich Werbung für mein Buch machen. Ich glaube, das darf ich mit gutem Gewissen, denn ich habe in letzter Zeit von so vielen, vor allem älteren Leuten gehört, was für eine Freude sie mit meinen Geschichten aus „Die Füße der Sterne“ hatten. Das geht übrigens auch aus der Rezension einer Amazon-Leserin hervor, die man auf der Bestellseite dort findet.
Es ist nicht ausdrücklich ein Buch für ältere Leser. Es sind Geschichten für alle darin. Aber sie haben eine angenehme Länge und eine angenehme Schriftgröße für ältere Augen, und sie erzählen zum Teil auch von Älteren. Es sind realistische und trotzdem heitere und zuversichtliche Geschichten. „Sie haben mich bestens unterhalten und außerdem getröstet“, habe ich oft gehört. Eine schönere Antwort kann ich mir nicht wünschen.
Deshalb: Wer ein Geschenk für seine Großeltern, Tante oder einsame Nachbarin sucht, könnte es einmal mit diesem Buch versuchen. Ich glaube nicht, dass der oder die Beschenkte enttäuscht sein wird. In dieses Buch habe ich alles gesteckt, was ich am Leben und den Menschen so groß und wundersam finde. Und, wie jemand neulich sagte, es kostet wirklich nicht viel mehr als ein Blumenstrauß, hält aber viel länger.

Kurzgeschichten

Hier ein paar Leseproben aus einigen Geschichten, die vom Alter handeln:
Aus: „Zitronenluft“:

„…An die Hauswand lehnte sich eine Art Gewächshaus, eher ein Schuppen, und von dort kamen die Geräusche. Die Tür war angelehnt. Ella stapfte in ihren Gummistiefeln hin und klopfte. „Brauchen Sie Hilfe?“
„Jawohl bitte“, kam eine Basstimme von drinnen.
Ella stieß die Tür auf und fiel fast über ein paar große nackte Füße. Zu den Füßen gehörte ein ziemlich stattlicher Mann, der auf dem Rücken lag, offensichtlich umgeworfen und festgeklemmt von einem Baum in einem blauen Kübel.
„Huch“, sagte Ella.
„Mein Name ist Herr Rossmonith“, sagte der Mann, als sei „Herr“ sein Vorname, und lachte sie an. Seine Lage schien ihn nicht weiter verlegen zu machen. „Was für ein Glück, dass Sie vorbeikamen. Es ist vielleicht ein bisschen viel verlangt, aber könnten Sie mir wohl helfen? Wenn Sie es schaffen, den Baum wieder aufzurichten, komme ich auch allein wieder auf die Beine.“
„Berger“, stellte sich Ella vor und umfasste den Baum mit beiden Händen nahe der Krone. Der Stamm war ungefähr so dick wie eine Banane. Sehr schwer konnte die Pflanze nicht sein.
„Halt!“ rief Herr Rossmonith. „So bricht er ab! Versuchen Sie bitte, einfach den Kübel aufzurichten.“ Er lächelte entschuldigend. „Wissen Sie, Frau Berger, das ist nämlich mein Lieblingsbaum.“
Ella bückte sich und umklammerte den schweren Steinguttopf. Erst rührte sich nichts, dann rollte er ein wenig zur Seite und stach Herrn Rossmonith einen kleinen Zweig ins Nasenloch.
„Versuchen Sie es noch einmal“, bat er. „Ich bin überzeugt, Sie schaffen das. Wenn nicht, würde ich Sie bitten, auf der Straße Hilfe zu holen.“
Jetzt war Ellas Ehrgeiz geweckt. Sie sammelte alle Kraft und hob den Rand des Topfes an, zog ihn zu sich hin. Für einen Moment drohte er, nun auf sie zu kippen, doch dann zwang sie ihn in eine aufrechte Stellung. Der Baumwipfel rauschte hoch, erzitterte und blieb dann überraschend so stehen, dass Ellas Gesicht mitten darin steckte. „Mmmmh“, sagte Ella. Sie rührte sich nicht, sondern schloss nur die Augen. „Was duftet denn so himmlisch?“
„Darum handelt es sich ja um meinen Lieblingsbaum“, sagte Herr Rossmonith und kam ächzend auf die Beine. „Ich habe noch zwei davon, aber dies ist der Erste und Schönste. Es sind Zitronenbäume, und was da so paradiesisch duftet, sind seine Blüten.“
Ella machte die Augen wieder auf. Sie sah ein Büschel porzellanweißer schlichter Blüten mit fünf schmalen Blütenblättern, die sich wie ein Stern um einen Stempel und Staubgefäße öffneten. „Darum riechen sie so wunderbar gelb“, sagte sie und kam sich im gleichen Augenblick albern vor.
Doch Herr Rossmonith war begeistert. „Ja, nicht wahr? Finden Sie auch, dass Gerüche eine Farbe haben? Es gibt zum Beispiel unheimlich viele verschiedene grüne Gerüche. Blaue auch. Übrigens vielen Dank für die Rettung. Aber, aber, was ist denn?“ Er fasste sie am Arm. „Sie sind ja ganz weiß. Und Sie schnaufen so. Kommen Sie nach draußen, setzen Sie sich, bitte.“ Rasch zog er sie an die frische Luft und schob sie besorgt in einen Korbstuhl. „Warten Sie, ich hole Ihnen ein Glas Wasser.“
Er war ein paar Minuten verschwunden. Ella schloss erneut die Augen und konzentrierte sich auf ihren Atem. Sie glaubte noch, den reinen, süßen Duft der Zitronenblüten in der Nase zu haben, und sie stellte sich vor, wie er in ihre Lungen strömte und sich dort mit seinem hellen, leichten Gelb ausbreitete und sie füllte, füllte wie einen Luftballon.
Der Arzt hatte ihr gesagt, diese Vorstellung könne ihr helfen, aber gerade gelang ihr das zum ersten Mal. Von Duft hatte er nichts erzählt, von Zitronen schon gar nichts, nur von einem Luftballon, aber sie hatte sich nie entscheiden können, welche Farbe der haben sollte.
Nun war er also gelb….“

Aus: „Das Bernsteinschiff“:
„…Ich bin auf Kurs, Wetter-Willi“, sagte sie vom Sofa her zu der Figur auf der Anzeige der Funkwetterstation, die ihr Enkel Jannik ihr geschenkt hatte. Die Station klärte Lina, auch wenn ihr Atem und ihre Schritte nicht mehr vor die Tür reichten, nicht nur über die Lufttemperatur, sondern auch über Windstärke und Regenmengen auf. Wetter-Willi zeigte außerdem durch seine Garderobe an, was sie zu tragen hätte, wenn sie draußen im Tag wäre: Schal, Mütze und Pullover oder kurze Hosen und Sonnenbrille. Heute schwenkte er einen geschlossenen Regenschirm.
Nicht weil sie wunderlich geworden war sprach Lina mit ihm, sondern weil er immer da war und weil er ein Lächeln für sie hatte, und weil Worte sich zu krümmen beginnen, wenn man sie an niemanden richten kann.
Doch öfter als auf Wetter-Willi ruhten ihre Augen auf dem Bild über ihm an der Wand. Dem Bild, das Niklas vor zweiundsechzig Jahren von einem Straßenhändler gekauft hatte, nachdem es ihm gelungen war, mit Hilfe seines frühlingshaften Charmes den Preis unverschämt herunterzuhandeln.
Es war ein brennend klarer Septembertag gewesen, durch den in frechen Wirbeln eine frische Brise zischte, und sie verbrachten ihn von morgens bis abends am Hafen, lehnten sich gegen den Leuchtturm und alberten herum, dass dieser im Wind bestimmt nur durch die einige Kraft ihrer beiden Rücken aufrecht blieb. Ihre Blicke reisten neugierig mit sämtlichen vorbeifahrenden Schiffen, und sie versuchten voll glücklichen Übermuts die Blauschattierungen in der Weite zu zählen. Sehnsucht kam nicht auf, denn sie hielten sich bei der Hand und die Welt war groß und nahe genug. Erst als der Abend eine Gänsehaut bekam und die Sonne hinter den Horizont kippte, und sie Krabbenbrötchen kauend durch die dunkelnden Möwenschreie landeinwärts gingen, entdeckten sie das Bild. Es lehnte mit anderen an einem Steg wie eine Nebensache.
Niklas sah sofort, dass dieses eine sich deutlich vom grelltintigen Kitsch der anderen abhob. Das Motiv war keineswegs ungewöhnlich, es zeigte nur ein Segelschiff auf Wellen, einen Dreimaster. Doch dieses Schiff fuhr und atmete, und die Wellen lebten, und die Farben kamen direkt aus der Wirklichkeit dieses goldenen Abends…“

Aus: „Der Morgen von Gestern“:

„…Selten begegnete ihr um diese Zeit jemand auf der Straße. Erst am Bahnhof fanden sich sonst andere verschlafene Gesichter ein. Darum fiel ihr die kleine Gestalt schon von weitem auf. Schmal stand sie an der Ampel, ging dann ein paar Schritte zurück und sah sich ratlos um, die Arme verschränkt, als wollte sie sich darin einwickeln. Lange Haare bewegten sich im kühlen Wind ungekämmt um ihre Schultern. Reni schätzte sie auf etwa zwölf Jahre. Doch als sie näher kam, bemerkte sie, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Das Kind war barfuss in Pantoffeln und trug ein leichtes rosa Nachthemd mit weißer Spitze am Kragen.
„Hallo! Kann ich dir helfen?“ sprach Reni sie vorsichtig an.
Die Gestalt drehte sich rasch zu ihr um. Reni atmete scharf ein. Vor ihr stand kein Mädchen, sondern eine sehr, sehr alte Frau mit wachen, kindlichen Augen. Zart wie geträumt, aber kerzengerade. Sie zitterte vor Kälte. Reni zog hastig ihren Anorak aus und legte ihn ihr um die Schultern. Die jungen Augen sahen sie staunend und vertrauensvoll an.
„Was ist passiert? Haben Sie sich verlaufen?“
„Der Rolf hat doch gepfiffen!“
„Wo wohnen Sie denn?“ fragte Reni sanft.
„In dem großen Haus mit dem Baum. Mein großer Bruder hat gepfiffen, ich soll zum Spielen runterkommen.“ Sie rieb die Ärmel von Renis Anorak zwischen Daumen und Zeigefinger. „Wir spielen oft morgens Verstecken. Ich bin aus dem Fenster geklettert und habe mich hinter die Regentonne gehockt. Aber der Rolf hat mich nicht gesehen, und dann habe ich das Haus nicht mehr gefunden…“

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