Ahnung und Versprechen

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Gestern abend roch es zum ersten Mal nach Herbst. Ich bin bekennender Herbst-Fan und bei der ersten Ahnung von Herbst läuft vein erwartungsvollen Kribbeln durch meinen Bauch wie als Kind vor dem ersten Anblick des Weihnachtsbaums. Ich mag das schräge Licht, die verschwenderischen Farben, den leuchtenden Dunst in der Senke, die leise Wehmut und Melancholie, Nebel am Morgen in dem man ganz allein mit sich in der Stille ist. Silberglanz auf Fäden, die ohne Richtung in der klaren Luft treiben wie die Anfänge von Geschichten. Der Geschmack frischer Walnüsse und Falläpfel. Das Gefühl, jede Sekunde noch ganz ausschöpfen zu müssen. Zeuge zu sein vom uralten Kreislauf von Werden und Vergehen. Zu sehen, wie das Gelb und Rot in den Blättern hervorkommt, das den ganzen Sommer da war, das man nur nicht sah weil es vom Grün überlagert wurde. Es ist als entdecke man ganz neue Seiten an guten Freunden. Ich mag es sogar, wenn die eleganten, sauberen Formen der nackten Äste zum Vorschein kommen, wie sich allerletzte Blätter daran klammern und wie ein erster Schauer von Raureif über das gebeugte Gras läuft und sich an das trocknende Schilf hängt. Ich mag das Versprechen von Winterruhe und einem kommenden Frühling. Die fallenden Blätter verwischen vertraute Wege und machen die Welt weit, voll goldener Flächen und heiterer Wirbel. Der Himmel feiert das Leben mit Stürmen aus exquisit geformten Konfetti, und ich darf daran teilhaben.
Natürlich, morgen haben wir erstmal dreißig Grad und ich werde den Sommer noch genießen, aber gekostet habe ich schon vom Herbst…

Flaschenpost. Gedicht (Sonett)

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Flaschenpost
(c) Patricia Koelle

Mit dir nur konnte Tage ich bemalen
für uns war große Dichtung jede Stunde
als wir noch von der Zukunft Reichtum stahlen
leicht lasen wir der Sterne helle Kunde

Es lockte Wind die Träume zu Spiralen
du jagtest Zweifel gnadenlos zugrunde
wir suchten Glück in zarten Muschelschalen
mit Neugierfunkeln atemlos im Bunde

Auf meine Fragen kamst du wie gerufen
Wir lebten auch in jedem Abgrund hoch
Dein Lachen trug mich über alle Stufen

Selbst auf Vergänglichkeit lag Lied und Glanz
als Tod schon stumm in deinem Schatten kroch
sprach noch dein Schritt von einem stillen Tanz

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Sommergedicht 9 – Sommerwege

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Sommerwege
© Patricia Koelle

Himmelhoch uns Früchte reifen
Tage sich in Reichtum runden
Kostbar sind die warmen Stunden
wenn uns helle Träume streifen

Wind spielt lau in Gartenecken
streut Rosenblüten in die Zeit
Jedes Frösteln ist noch weit
Gründuftend stehen die Hecken

Gewissheit schenkt der Ernte Stand
Staub liegt auf vertrauten Wegen
beruhigend wie ein alter Segen
die Hitze spiegelt Heimatland

Gedanken, die in Ferne weisen
Neugier, immer frisch gesponnen
Die Erde ist nun wohlgesonnen
lässt weit uns ihre Haut bereisen

Wir schauen auf zu Wolkenlaunen
erobern eifrig sieben Hügel
leihen uns der Möwen Flügel
Du und ich, wir atmen Staunen

lassen uns von Sehnsucht leiten
schreiben uns ins Leben ganz
durch den langen tiefen Tanz
in des Sommers Zärtlichkeiten

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Weihnachtsträumerei

Wenn ich jetzt die weihnachtlichen Lichter auf den Straßen sehe und an dem Café vorbeigehe, in dem meine Geschichte „Cafékalender“ spielt, glaube ich manchmal, Paul Kiewitz dort sitzen zu sehen. Ob er immer noch mit der Kellnerin Christina als Komplizin heimlich den traurigsten Gästen eine Adventsüberraschung zukommen lässt?
Ich wünsche mir dann, ich könnte mich wirklich mit den Menschen aus meinen Geschichten dort an einem Tisch treffen und hören, wie es ihnen geht. Herausfinden, wie sie miteinander auskommen – schließlich leben sie alle in einem Buch („Die Füße der Sterne“) zusammen. (Naja, fast alle, denn Paul und Christina sind aus „Der Weihnachtswind„). Irgendwie vermisse ich sie, schließlich habe ich sie erfunden. Aber ihre Geschichten sind längst fertig, und ich muss mich am Ende jeder Geschichte von ihnen verabschieden.
Wie es wohl Viktor geht – ob er inzwischen ein Zuhause gefunden hat? Ist die junge Journalistin Karla März befördert worden, nachdem ihr trotz des störrischen Forschers mit dem unmöglichen Benehmen dieser tolle Artikel gelungen ist? Und was ist mit Theo Knoll, diesem Pedanten, der sich so verändert hat – ist er jetzt mit der Biologielehrerin zusammen? Ich sehe ihn vor mir, wie er ihr einen dampfenden Tee eingießt. Karla trinkt natürlich lieber Cappuccino. Paul tuschelt da drüben mit Christina, die hecken ganz sicher schon wieder etwas aus.
Frank kann ich hier nicht treffen, der ist ja leider verstorben, nachdem er sich seinen verrückten Traum erfüllt hat. Ja, aber die resolute Frau da drüben, das könnte Regina sein, die für die Kollegen vom Flughafen ein mehr oder weniger verdächtiges Weihnachtsgeschenk sucht. Und im Gemüseladen, die Frau, die die Äpfel in die Tüte packt – ist das Reni, und spielt sie immer noch morgens im Park mit der dreiundneunzigjährigen Lene verstecken?
Das Pärchen dort, das Hand in Hand an dem Stand mit den Kerzen stehen bleibt, so habe ich mir Rainer und Viktoria vorgestellt, für die Robin damals die Sterne durcheinander gebracht hat. Ob er wohl doch noch dafür gefeuert wurde?
Gern würde ich sie alle auf ein Crépe einladen oder eine Bratwurst. Aber stattdessen werde ich wohl nie erfahren, was aus ihnen geworden ist. Und ob Menschen das Buch kaufen und Karla, Theo und die anderen auf diese Weise für einen Lesemoment in ihr eigenes Leben einladen. Das wünsche ich mir – denn jedes Mal, wenn eine der Geschichten gelesen wird, werden Karla, Theo, Reni und die anderen ein klein wenig wahr und lebendig. Das wäre schön, denn sie alle zeigen, wie es ist, ein ganz normaler Mensch zu sein und doch immer Hoffnung in sich zu tragen oder wiederzufinden. Sie passen, obwohl es sich um Geschichten für das ganze Jahr handelt, in diese dunkle und doch helle Zeit, in die Weihnachtstage, denn sie haben erfahren, warum sich das Leben lohnt, und wissen davon zu erzählen, ganz einfach indem sie sind, wie sie sind.

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