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Frühling – wirklich!
Warum Mitte Januar bei mir Frühling ist? Weil ich heute das erste Schneeglöckchen gefunden habe.
Und weil wir zu der netten chinesischen Blumenfrau spazierengegangen sind und mein Liebster auf dem Rückweg mit dem Rollstuhl singend durch die übriggebliebenen Streusplitthaufen kurvte, eine große Kiste blühende Primeln auf den Knien. Solche Momente machen alles, aber auch alles wett mit dem wir uns manchmal herumquälen müssen.
Die Primeln stehen jetzt in einer Pflanzschale, die ich, wenn der Frost zurückkommt, mal eben schnell in den Schuppen stellen kann. Und so haben wir vor dem Fenster Frühling.
Ich weiß, es ist noch Winter. Der wird auch noch mal wiederkommen. Und ich mag ihn immer noch. Aber die Schneeglöckchen verschwinden jedenfalls nicht wieder in der Erde. Und auch die anderen grünen Spitzen nicht, die in den letzten Tagen zehn Zentimeter gewachsen sind.
Ich muss schmunzeln über uns und wie relativ alles ist. Im Oktober sagten wir: „Zehn Grad, puh, ist das kalt geworden!“ Jetzt finden wir zehn Grad unheimlich warm, weil es dreißig Grad mehr sind als noch vor kurzem. Wir frühstücken ohne Jacke auf der Terrasse und die Meisen zwitschern dazu weil sie genauso im verfrühten Vorfrühlingsrausch sind wie wir. Hach, Leben ist schön!
Sonnenschwips
Gartenerwachen
© Patricia Koelle
Auf einmal ist es nicht mehr schlimm
dass wir von langer Kälte rau
im Innern, denn der müde Grimm
ertrinkt im aufgesprungnen Blau.
Der Wind singt sanft nur noch im Ohr
schon duften Frühlingsschritte
Ich komme mir viel jünger vor
und ganz in einer Mitte
wo Farben neu geflossen
im halb vergessnen Beet,
aus meiner Hand gegossen
von meinem Wort gesät.
Und während sie sich weiten
wenn Biene unter Blüten wählt
hab ich auf frischen Seiten
von alter Hoffnung neu erzählt.
Das erste Mal Sonne auf der Haut spüren, in kurzen Ärmeln zwischen Krokussen Mittag essen. Vorgestern war noch keine Knospe zu sehen, heut sind sie überall offen. Ohne Bienen noch, die in anderen Jahren immer mit ihnen zusammen auftauchten. Ungewöhnlich auch, dass die Winterlinge statt im Januar auch heute erst offen sind. Wie ein Augenzwinkern der Erde leuchten sie an unerwarteten Orten hervor.
Bei diesen Krokussen hier muß ich einfach zurücklächeln:
aber die Blauen sind auch wunderschön. Gern wär ich mal Biene darin.
Das Schneeglöckchen könnte auch glatt als eine Art Schmetterling durchgehen.
Schneeglöckchenalarm
Unversehens Schneeglöckchen. Sie läuten noch nicht, zeigen aber pfeilgerade auf einen Himmel, der nach der schweren Froststarre plötzlich schon im Februar frühlingshaft sich selbst überrascht. Hemd mit kurzen Ärmeln zum ersten Mal in diesem Jahr, sich leicht fühlen, freiwillig frösteln dürfen, gemächlich frühstücken in der Sonne bei Vogelzwitschern. Atem geht tiefer, Worte steigen. Der Zaunkönig macht seiner Angebeteten den Hof, die Krähe hat einen Aufwind gefunden, die Amsel fragt die Buche nach einem Nistplatz. Schneereste türmen sich und sind doch fast schon nicht mehr da. Die Erde trägt im wiederauferstandenen Gegenlicht leuchtende Ränder aus flüssigem Eis, silbernem Feuer. Stiefmütterchen tauchen aus dem schweren Weiß wie eine Erscheinung, jung und saftig grün: War was? fragen sie unbekümmert, knospen drauflos. Der Boden duftet einen Hauch Wärme.
Ein guter Tag: die erste Ernte in diesem Jahr, vielschichtig und funkelnd, unerwartet und atemlos glücklich.
Und bald wird mein Garten wieder aussehen, wie ihn einst Thomas Hentschel prophetisch für mich zeichnete, ehe ich den Garten kannte:
Unbeirrbarer Frühlingsbeweis
Gestern war das Schneeglöckchen noch nicht zu sehen. Heute morgen begegnete es mir im Garten als erstes. Offenbar läßt es sich von so ein bißchen Winter nicht aufhalten!
Das mach ich jetzt auch so.